„Flucht nach Ägypten“
Diese biblische Erzählung vereint die Geschichte der Flucht nach Ägypten von Maria, Josef und dem Jesukind mit der Entscheidung des Herodes, alle Erstgeborenen bis zum Alter von zwei Jahren in der Gegend von Bethlehem zu ermorden, nachdem ihm durch die Drei Weisen zu Ohren gekommen war, dass dort ein “neuer König”, der künftige „König der Juden“ geboren worden war.Die Heilige Familie lebt nun in Angst, sich immer verstecken zu müssen und, dass die Gier eines Despoten ihr Leben jederzeit beenden könnte. Ohne Zeit zu verschwenden, setzt Josef seine Frau und seinen Sohn auf den Esel, während er das Tier führt und es antreibt. Das Ziel ist das nahe Ägypten, wo die Familie hofft, Frieden und Freiheit zu finden, zumindest bis Palästina wieder ein sicherer Ort ist.
1958 realisiert Albino Pitscheider diese kleine Schnitzarbeit, er verändert jedoch leicht die Ikonographie: Josef führt den Esel nicht, sondern sitzt auf ihm, während Maria mit dem Jesukind im Arm sich an ihm festhält. Der Esel müht sich unter dem Gewicht und wegen der langen Reise zunehmends ab, wie man an seinem nach unten gebeugten Hals unschwer erkennen kann. Josef hingegen blickt umsichtig nach hinten, in der Angst verfolgt zu werden.
Der Grödner Künstler schafft es, das Gefühl der Beklemmung und der Gefahr gut wiederzugeben. Er konzentriert sich vor allem auf die Protagonisten und bearbeitet den Block aus Zirbenholz mit tiefen und breiten Riefen. Sein Augenmerk liegt hauptsächlich auf der Komposition einfacher Volumen, statt auf der Ausarbeitung mit präzisen Linien.
Die Geschichte der Rettung durch Flucht ist heutzutage täglich in den Nachrichten; ständig hören wir von den Strapazen, Schmerzen, Todesfällen und der Ausbeutung der durch Krieg oder extreme Armut gebeutelten Menschen, die tagtäglich versuchen, Zuflucht im freien und reichen Westen zu finden. Der Begriff "Migranten" bezeichnet diese Menschen; denn nach einem qualvollen Start beginnt erst dieses unmenschliche Pilgern auf der Suche nach einem Land, das sie aufnimmt und nicht ablehnt - wie es leider immer häufiger passiert, dort wo die Angst herrscht.
(Übersetzung vom Italienischen: Katia Cont)
http://www.provinz.bz.it/katalog-kulturgueter