Abschlussbericht Projekt „Mejes“
Dieser für Kultur, Gesellschaft und Landschaft gleichermaßen fatalen Entwicklung hat das Museum Gherdëina versucht, mit seinem Projekt „Mejes – Bauernhöfe in Gröden: Das Gedächtnis einer Landschaft“ gegenzusteuern. Das Projekt, das von den Gemeinden St. Ulrich, St. Christina, Wolkenstein und Kastelruth getragen und von der Region Trentino-Südtirol, der Landesabteilung Ladinische Kultur, der Stiftung Südtiroler Sparkasse sowie der Raiffeisenkasse Gröden gefördert wurde, sollte für die Schönheit und den Wert historischer Bauernhöfe begeistern und zugleich den Eigentümern Hilfe zu deren Erhaltung bieten.
Das Projekt Mejes ruht auf vier Säulen. Die erste erlaubt einen visuell-emotionalen Zugang zum Thema, unterstreicht also vor allem die Schönheit und Besonderheit der historischen Höfe. Diese erste Säule bildet die Ausstellung mit Schwarz-Weiß-Fotos von Václav Šedý, einem gebürtigen Prager Architekturfotografen, der in Mailand lebt. Er hat in den vergangenen Jahren rund 70 historische Höfe in allen vier Grödner Gemeinden besucht und deren architektonische Einzigartigkeit in beeindruckenden Bildern festgehalten. Die Recherchen hierzu und die persönliche Kontaktaufnahme wurden von der Museumsdirektorin Paullina Moroder vorgenommen. Eine Auswahl untern den über 600 entstanden Bildern war von Anfang August 2019 bis Ende Februar 2020 im Kulturhaus von St. Ulrich zu sehen, hat eine Vielzahl interessierter Besucher und Besucherinnen angezogen und zahllose interessante Einträge ins Gästebuch geerntet. Dazu beigetragen hat auch die ansprechende Gestaltung der Ausstellung seitens des Wiener Büros „Studio exhibit“, während die Texte vom Bozner Architekte Wolfgang Klebelsberg verfasst wurden.
Das bäuerliche Leben auf den historischen Höfen stand dagegen im Mittelpunkt einer Lesung aus dem Roman „L Nost“ der ladinischen Schriftstellerin Frida Piazza, der am Hof Cudan in St. Ulrich spielt. Die Lesung fand Ende September 2019 statt, während Ende Oktober der Frühgeschichtler und Leiter des Bergwerks in Hallstatt Hans Reschreiter in einem Vortrag in St. Ulrich die enge Beziehung des Menschen zum Holz als Werk- und Baustoff unter die Lupe nahm. Mitte November war der Anthropologe Annibale Salsa, Mitglied der Welterbestiftung Dolomiten UNESCO, zu Gast in St. Ulrich, um über die Entstehung der alpinen Kulturlandschaft zu referieren. Im Advent erzählten zudem Zeitzeugen und Zeuginnen vom früheren Leben am Hof, im Februar 2020 spürte der Ethnologe und Kulturhistoriker Siegfried de Rachewiltz in einem Vortrag der zentralen Rolle nach, die Brot in der Kultur- und Religionsgeschichte spielt.
Zudem wurde für die Schüler und Schülerinnen der Grund- und Oberschulen eigene Vermittlungsprogramme konzipiert und durchgeführt. Drei Klassen des heimischen Kunstgymnasiums „Cademia“ haben sich außerdem interdisziplinär mit der Ausstellung und den Höfen beschäftigt und ihre Werkergebnisse zum Abschluss in der Ausstellung präsentiert.
Zum Abschluss der Mejes-Ausstellung in St. Ulrich hat das Museum Gherdëina schließlich eine hochkarätig besetzte halbtägige Studientagung organisiert, die großen Zuspruch fand. Als Redner konnten neben Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer und dem St. Ulricher Bürgermeister Tobia Moroder Verwalter, Denkmalpfleger, Architekten, Landschaftsplaner, Bauernvertreter, Eigentümer, Heimatpfleger und Forscher gewonnen werden.
Nicht unerwähnt bleiben soll die durchwegs positive Resonanz, welche Ausstellung und Bildband in den Südtiroler Medien aller Landessprachen erhalten haben.
Im Rahmen dieses Netzwerks wurden im Sommer 2019 drei Diskussionsrunden in St. Ulrich organisiert. Sie bildeten die Grundlage eines stetigen Austausches, der Ende Februar 2020 einen vorläufigen Höhepunkt in einer kostenlosen Beratung für Eigentümer fand. In Zusammenarbeit mit der Landesabteilung Denkmalpflege, dem Landesamt für Landschaftsplanung sowie dem Gemeindebauamt von St. Ulrich standen den Eigentümern einen Vormittag lang Fachleute der betreffenden Ämter für Gespräche und Beratung zur Verfügung. Sie beantworteten alle Fragen zu einem fachgerechten Umgang mit historischer Bausubstanz, zur Sanierung denkmalgeschützter Gebäude sowie zu einer eventuellen Unterschutzstellung. Die Beratung wird nun mit Lokalaugenscheinen und Studien vor Ort fortgesetzt, um möglichst in konkreten Plänen zur Erhaltung zu münden.
(27. März 2020)
Neue Impulse für alte Höfe
Seit Jahrhunderten prägen Bauernhöfe, die Mejes, die Kulturlandschaft Grödens, die ältesten noch erhaltenen Bauwerke gehen auf die Mitte des 13. Jahrhunderts zurück. Trotz ihrer Bedeutung für das Tal und ihrer architektonischen Einzigartigkeit verschwinden die historischen Höfe aber nach und nach. Die Gründe dafür sind der Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Schwierigkeiten und der finanzielle Aufwand, wenn es darum geht, historische Bauernhäuser und Wirtschaftsgebäude den heutigen Bedürfnissen anzupassen.Dieser für Kultur, Gesellschaft und Landschaft gleichermaßen fatalen Entwicklung hat das Museum Gherdëina versucht, mit seinem Projekt „Mejes – Bauernhöfe in Gröden: Das Gedächtnis einer Landschaft“ gegenzusteuern. Das Projekt, das von den Gemeinden St. Ulrich, St. Christina, Wolkenstein und Kastelruth getragen und von der Region Trentino-Südtirol, der Landesabteilung Ladinische Kultur, der Stiftung Südtiroler Sparkasse sowie der Raiffeisenkasse Gröden gefördert wurde, sollte für die Schönheit und den Wert historischer Bauernhöfe begeistern und zugleich den Eigentümern Hilfe zu deren Erhaltung bieten.
1. Säule: Die Mejes-Ausstellung
Das Projekt Mejes ruht auf vier Säulen. Die erste erlaubt einen visuell-emotionalen Zugang zum Thema, unterstreicht also vor allem die Schönheit und Besonderheit der historischen Höfe. Diese erste Säule bildet die Ausstellung mit Schwarz-Weiß-Fotos von Václav Šedý, einem gebürtigen Prager Architekturfotografen, der in Mailand lebt. Er hat in den vergangenen Jahren rund 70 historische Höfe in allen vier Grödner Gemeinden besucht und deren architektonische Einzigartigkeit in beeindruckenden Bildern festgehalten. Die Recherchen hierzu und die persönliche Kontaktaufnahme wurden von der Museumsdirektorin Paullina Moroder vorgenommen. Eine Auswahl untern den über 600 entstanden Bildern war von Anfang August 2019 bis Ende Februar 2020 im Kulturhaus von St. Ulrich zu sehen, hat eine Vielzahl interessierter Besucher und Besucherinnen angezogen und zahllose interessante Einträge ins Gästebuch geerntet. Dazu beigetragen hat auch die ansprechende Gestaltung der Ausstellung seitens des Wiener Büros „Studio exhibit“, während die Texte vom Bozner Architekte Wolfgang Klebelsberg verfasst wurden.2. Säule: Der Ausstellungskatalog
Um die Reichweite der Ausstellung zu erweitern, hat das Museum Gherdëina zudem im renommierten Mailänder Verlag „Officina Libraria“ einen Ausstellungskatalog in Form eines beeindruckenden dreisprachigen Bildbandes herausgebracht. Das Herzstück des Bandes „Bauernhöfe in Gröden: Das Gedächtnis einer Landschaft“ bilden die Schwarz-Weiß-Fotos von Václav Šedý, daneben kommen namhafte Autoren zu Wort, darunter der Experte für alpine Kulturgeschichte Annibale Salsa sowie Alberto Grimoldi, Architekturprofessor am Polytechnikum Mailand. Darüber hinaus beleuchtet der Bozner Architekt Wolfgang von Klebelsberg die Bedeutung der Höfe als Gedächtnis einer Landschaft, während Paulina Moroder, Direktorin des Museum Gherdëina, den (nicht nur architektonischen) Wert der Höfe analysiert. Der Historiker Josef Nössing widmet sich schließlich den offenen Fragen zur mittelalterlichen Geschichte Grödens.3. Säule: Die Herstellung von Öffentlichkeit
Weil das Projekt Mejes das Ziel verfolgt, möglichst viele Menschen für die Schönheit und den Wert der historischen Höfe zu begeistern, galt der Vermittlung ein besonderes Augenmerk. So wurde eine ganze Reihe von Veranstaltungen organisiert, mit denen ein möglichst breites Publikum angesprochen werden sollte. Anfang September 2019 stand etwa ein Fotokurs mit Václav Šedý auf dem Programm, in dem Profis wie Laien lernen konnten, historische Höfe richtig ins Bild zu setzen. Mitte September ging der Experte für Siedlungs-, Umwelt- und Landschaftsarchäologie Thomas Kühtreiber in einem Vortrag den Fragen nach, wie sich Bauernhöfe über die Zeit verändert haben und warum es regionale Unterschiede gibt.Das bäuerliche Leben auf den historischen Höfen stand dagegen im Mittelpunkt einer Lesung aus dem Roman „L Nost“ der ladinischen Schriftstellerin Frida Piazza, der am Hof Cudan in St. Ulrich spielt. Die Lesung fand Ende September 2019 statt, während Ende Oktober der Frühgeschichtler und Leiter des Bergwerks in Hallstatt Hans Reschreiter in einem Vortrag in St. Ulrich die enge Beziehung des Menschen zum Holz als Werk- und Baustoff unter die Lupe nahm. Mitte November war der Anthropologe Annibale Salsa, Mitglied der Welterbestiftung Dolomiten UNESCO, zu Gast in St. Ulrich, um über die Entstehung der alpinen Kulturlandschaft zu referieren. Im Advent erzählten zudem Zeitzeugen und Zeuginnen vom früheren Leben am Hof, im Februar 2020 spürte der Ethnologe und Kulturhistoriker Siegfried de Rachewiltz in einem Vortrag der zentralen Rolle nach, die Brot in der Kultur- und Religionsgeschichte spielt.
Zudem wurde für die Schüler und Schülerinnen der Grund- und Oberschulen eigene Vermittlungsprogramme konzipiert und durchgeführt. Drei Klassen des heimischen Kunstgymnasiums „Cademia“ haben sich außerdem interdisziplinär mit der Ausstellung und den Höfen beschäftigt und ihre Werkergebnisse zum Abschluss in der Ausstellung präsentiert.
Zum Abschluss der Mejes-Ausstellung in St. Ulrich hat das Museum Gherdëina schließlich eine hochkarätig besetzte halbtägige Studientagung organisiert, die großen Zuspruch fand. Als Redner konnten neben Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer und dem St. Ulricher Bürgermeister Tobia Moroder Verwalter, Denkmalpfleger, Architekten, Landschaftsplaner, Bauernvertreter, Eigentümer, Heimatpfleger und Forscher gewonnen werden.
Nicht unerwähnt bleiben soll die durchwegs positive Resonanz, welche Ausstellung und Bildband in den Südtiroler Medien aller Landessprachen erhalten haben.
4. Säule: Konkrete Hilfe für die Eigentümer
Um den historischen Höfen eine Zukunft zu sichern, geht es in erster Linie darum, den Eigentümern gangbare und attraktive Alternativen zu einem Abriss und Neubau zu bieten. Deshalb hat das Museum Gherdëina im Rahmen des Projektes Mejes ein Netzwerk zwischen allen Beteiligten geknüpft: den Eigentümern historischer Höfe, Bauernvertretern, Bau- und Denkmalschutzexperten, den zuständigen Stellen bei Land und Gemeinden sowie politisch Verantwortlichen, etwa den Bürgermeistern der Grödner Gemeinden, Regionalassessor Manfred Vallazza sowie den Landesräten Maria Hochgruber Kuenzer und Daniel Alfreider.Im Rahmen dieses Netzwerks wurden im Sommer 2019 drei Diskussionsrunden in St. Ulrich organisiert. Sie bildeten die Grundlage eines stetigen Austausches, der Ende Februar 2020 einen vorläufigen Höhepunkt in einer kostenlosen Beratung für Eigentümer fand. In Zusammenarbeit mit der Landesabteilung Denkmalpflege, dem Landesamt für Landschaftsplanung sowie dem Gemeindebauamt von St. Ulrich standen den Eigentümern einen Vormittag lang Fachleute der betreffenden Ämter für Gespräche und Beratung zur Verfügung. Sie beantworteten alle Fragen zu einem fachgerechten Umgang mit historischer Bausubstanz, zur Sanierung denkmalgeschützter Gebäude sowie zu einer eventuellen Unterschutzstellung. Die Beratung wird nun mit Lokalaugenscheinen und Studien vor Ort fortgesetzt, um möglichst in konkreten Plänen zur Erhaltung zu münden.
(27. März 2020)
Biei, Custacia bei St. Christina
Cebla, Pufels
Gespräch mit den Autoren Wolfgang von Klebeslberg, Paulina Moroder und Vaclav Sedy; Moderation Ilke Senoner