Das Fastentuch von St. Jakob in Gröden
Das Fastentuch von St. Jakob in Gröden ist ein rares Zeugnis barocken Volksglaubens. 400 Jahre alt, vollständig erhalten und mit 24 Bildern versehen, die die Leidensgeschichte Jesu nachzeichnen, hängt es heute im Museum Gherdëina. Im Jahr 2002 wurde es mustergültig restauriert.Fastentücher waren im Mittelalter aufgekommen, um den Altarraum in der Fastenzeit zu verhüllen, ihn also den Blicken der Gläubigen zu entziehen. Nach und nach wurden sie aufwändiger geschmückt und mitunter mit Szenen aus der Leidensgeschichte Jesu bemalt. Sie dienten den meist leseunkundigen Gläubigen damit auch als bebilderter Leitfaden durch die Fasten- und Osterzeit.
Das einzige vollständig erhaltene dieser bebilderten Fastentücher in Südtirol stammt aus der Kirche im Weiler St. Jakob in Gröden. Es ist vor rund 400 Jahren von einem unbekannten Künstler geschaffen worden, war bis in die Nachkriegszeit in Gebrauch und hängt nun seit rund 50 Jahren im Museum Gherdëina in St. Ulrich. Dort ist es in den letzten Jahren aufwändig restauriert worden, sodass es heute in seinem ursprünglichen Glanz bestaunt werden kann.
Die Geschichte, vor allem aber die Botschaft des Fastentuches hat Verena Niederegger Senoner im Zuge einer aufwändigen Recherche für ihre Masterarbeit entschlüsselt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse können nun auch von Nicht-Fachleuten nachgelesen werden, und zwar in einem in Zusammenarbeit des Museum Gherdëina und des Institut Ladin Micurà de Rü entstandenen, 80-seitigen, reich bebilderten Büchlein. Es enthält alle wichtigen Informationen zu Herkunft und Geschichte des Fastentuchs, entschlüsselt dessen theologische Botschaft, erläutert in einem Gastbeitrag von Paulina Moroder, Direktorin des Museum Gherdëina, die vorbildhafte Restaurierung und bietet auch meditativen Überlegungen von Ulrich Fistill Platz.
Zu haben ist die Publikation „Das Fastentuch von St. Jakob in Gröden“ in einer deutschen und italienischen Ausgabe.
Da in Zeiten des Pandemie-Notstandes aufgrund der Schließung der Museen eine Betrachtung des Originals leider nicht möglich ist, veröffentlichen wir hier eine Gesamtaufnahme des Fastentuches mit einer Übersicht der Bilderfolge.
Der Künstler hat sich im 17. Bildfeld als römischer Hauptmann unterm Kreuz dargestellt.
Der/die Auftraggeber dagegen können im 20. Bildfeld der Vorhölle in den drei Figuren in spanischer Hoftracht unter den armen Seelen erkannt werden.