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07.06.2009
Museum Gherdëina, St.Ulrich, Cësa di Ladins, Rezia Str. 83

Bierjun 1490 - Das Geheimnis einer Schlafkammer

Am Donnerstag, den 7. Juni 2007 wurde im Museum Gröden in St. Ulrich die neue Dauerausstellung „Bierjun 1490. Das Geheimnis einer Schlafkammer“ in Anwesenheit der Landesrätin für Denkmalpflege Dr. Sabina Kasslatter Mur, der Vertreter der Stiftung Südtiroler Sparkasse Franz Demetz und Wilfried Math, der Bürgermeister der vier Talgemeinden und ein zahlreich erschienenes Publikum offiziell eröffnet.


Ehrung von Walter und Wolfgang Kirchner

Die Eröffnung war Anlaß für eine öffentliche Ehrung der beiden Hausforscher Ing. Walter Kirchner und Wolfgang Kirchner aus Bayern durch die Landerätin für Denkmalpflege Dr. Sabina Kasslatter Mur in Anerkennung ihrer langjährigen baugeschichtlichen Erforschung zahlreicher Südtiroler Bauernhöfe. Worte der Anerkannung für ihren Beitrag zur Bewahrung wertvollen Kulturgutes fand auch der Bürgermeister von St. Ulrich Ewald Moroder.


Entdeckung

Im Zuge ihrer baugeschichtlichen Studien in Gröden gelang Walter und Wolfgang Kirchner die aufregende Entdeckung von Rötelstiftzeichnungen auf der Täfelung einer spätmittelalterlichen Schlafkammer des Hofes Bierjun bei St. Ulrich/Überwasser. Durch den Einsatz von ultravioletten Strahlen konnten sie die Zeichnungen erstmals grafisch erfassen und ihren Inhalt erkennen.


Inhalt und Bedeutung

An der Nordwand der Kammer sind in drei übereinander liegenden Bildregistern profane und sakrale Darstellungen zu sehen. Die profanen Szenen im obersten und untersten Bildfeld lassen eine sitzende Bischofsfigur(?), ein Wappen, den Aufzug einer Turmglocke sowie eine Jagdszene erkennen. Das mittlere Bildregister hat fünf Szenen aus der Passion Christi zum Inhalt, die entgegen der üblichen Leserichtung von rechts nach links angebracht wurden. Zu sehen sind Christus am Ölberg, die Gefangennahme, Christus vor Pilatus, die Geißelung und die Dornenkrönung. Den figuralen Szenen bzw. Konstruktionselementen der Schlafkammer sind teilweise Inschriften beigestellt. Die Rötelstiftzeichnungen sind um 1490 sehr wahrscheinlich im Auftrag des damaligen Hofbesitzers Sigmund von Werschen entstanden.

Außergewöhnlich ist der Benutzer- und Gebrauchs-zusammenhang: die Rötelzeichnungen von Bierjun sind als bedeutsames Zeugnis volkstümlicher Frömmigkeit des Spätmittelalters im privaten Raum zu werten und stellen ein seltes Beispiel eines privaten Andachtsbildes in Mitteleuropa dar.

Restaurierung

Aufgrund der Baufälligkeit des seit 1974 unbewohnten Gebäudes wurde für eine museale Aufbewahrung der um 1456 in luftiger Höhe zwischen Haus und Stadel angebrachten Schlafkammer entschieden.
In Zusammenarbeit mit und gefördert durch das Amt für Bau- und Kunstdenkmäler der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol wurde die Kammer musterhaft restauriert und im Museum wieder neu aufgebaut.

Ausstellung

Für die Sichtbarmachung der Rötelzeichnungen in der Ausstellung haben die Kuratoren Paulina Moroder und das Gestaltungsteam Pfeiler & Zingerle aus Wien ein multimediales Konzept entwickelt: über ein „elektronisches Fenster“, das drei verschiedene Aufnahmen mit Naturlicht, ultraviolettem Licht und die grafische Umzeichnung aufzeigt, kann der Besucher die Zeichnungen entdecken und am Original vergleichen. Martin Kalchgruber der Technischen Universität Wien hat das Bildmaterial zusammengestellt und die spezielle Software für die Positionierung des Bildschirms entwickelt.
Über einen animierten Trailer erhält der Ausstellungsbesucher weiters Einblick in das seit 1974 aufgelassene Gebäude und den originalen Standort der Schlafkammer ebenso wie in die Restaurierungsarbeit.

Ergänzend werden in der Schau die baugeschichtlichen Veränderungen der Hofstätte „Bierjun“ vom Mittelalter bis in die Neuzeit aufgezeigt. Seltene historische Aufnahmen von sechs nicht mehr bestehenden Grödner Höfen und sechs ausgewählte Beispiele bestehender und teils denkmalgeschützter historischer Architektur führen abschließend die besondere Eigenart der Grödner Bauernhöfe vor Augen.

Förderung

Die Ausstellung wurde mit Förderbeiträgen der Stiftung Südtiroler Sparkasse und der Freunde Südtiroler Museen und Sammlungen e.V. München realisiert. Unterstützung gab es weiters seitens der vier Grödner Talgemeinden von St. Ulrich, Kastelruth, St. Christina und Wolkenstein, der Raiffeisenkasse Kastelruth und von privaten Förderern.

 
Auskunft
Dr. Paulina Moroder
Museum Gherdëina
I-39046 Urtijëi·St.Ulrich·Ortisei
Cësa di Ladins, Str. Rezia 83
Tel. 0471 797554
info@museiumgherdeina.it

Bierjun
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